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Figuren des Unverfügbaren Nächstes Kapitel

Begleittext


Kapitel 1: Wie viel Einfluss habe ich wirklich?
Leonie Bucher & Nele David, Amelie-Sophie Knödler, Luis Lavadinho & Luis Weiler, Alexandra Müller, Klara Zdrazilova

Leonie Bucher & Nele David

Amelie-Sophie Knödler

Luis Lavadinho & Luis Weiler

Alexandra Müller

Klara Zdrazilova





Kapitel 1: Wie viel Einfluss habe ich wirklich?
Leonie Bucher & Nele David, Amelie-Sophie Knödler, Luis Lavadinho & Luis Weiler, Alexandra Müller, Klara Zdrazilova

Ausgehend von Hartmut Rosas kultursoziologischen Thesen zur Unverfügbarkeit beschäftigten sich die Studierenden in diesem Ausstellungskapitel mit der Frage nach der eigenen Handlungsmacht. Die in Einzel- und Gruppenprojekten erarbeiteten Beiträge untersuchen unterschiedliche Erfahrungen der Einflussnahme – sei es auf ganz alltägliche Phänomene wie die praktizierte Geschlechtertrennung in öffentlichen Toiletten; auf ganz besondere, wie etwa auf die ästhetische Erfahrung erhabener Natur- und Wetterereignisse; oder auf uns gänzlich unverfügbare Zusammenhänge, wie die eigene Herkunft oder Geburt. Alle Arbeiten wurden im Laufe des Wintersemesters in der Akademie produziert, ausgestellt und fotografisch festgehalten.

Für ihren gemeinsamen künstlerischen Beitrag entwarfen Leonie Bucher und Nele David ein Glücksspiel, welches neugierig machen soll – und dennoch bloß an der Oberfläche kratzen lässt. Demnach ist es nur konsequent, dass sich das Spiel in der Ausstellung allein in Form einer fotografischen Serie im Treppenhaus der Akademie präsentiert.

Amelie-Sophie Knödlers Arbeit stellt, ausgehend von einer vergleichenden Untersuchung der Herren- und Damentoiletten der Akademie, eine Reihe grundlegender Fragen – warum etwa die Türe der Männertoiletten größer ist als die der Damentoiletten; Ob die Herrentoilette für sie als Frau eigentlich unverfügbar ist; Und ob es nicht längst an der Zeit ist, an all diesen Differenzen etwas zu ändern. Mit ihren Bannern und Postkarten macht sie klar, dass wir in einer Zeit leben, in der die typischen Geschlechterrollen und Klischees der Vergangenheit angehören sollten. Wenn wir doch keinerlei Einfluss darauf haben mit welchem Geschlecht wir geboren werden, sollte auch keiner darunter leiden müssen. Amelie-Sophies Beitrag ruft uns auf umzudenken um Teil einer Veränderung unserer Gesellschaft zu werden. Es stellt sich nur die Frage: ARE YOU GOING TO MAKE THE DIFFERENCE?

“Wer bin ich?”, fragen Luis Lavadinho & Luis Weiler und beziehen sich dabei auf jene angeborenen Eigenschaften einer Person, auf die kein oder kaum Einfluss genommen werden kann. Seien es Alter, Aussehen, Herkunft oder Geschlecht – oftmals sind es kaum oder unveränderliche Merkmale, von denen auf die Persönlichkeit ihrer Träger geschlossen wird. Zur Veranschaulichung dieser Problematik entwarfen Luis und Luis ihre Installation ‘Der Generator’, die frei bespielbar in der Aula der Merz Akademie ausgestellt ist. Mit Hilfe von Würfeln können die Spielenden eigene Avatare generieren, für deren Eigenschaften und Merkmale sie sich genau so wenig verantworten können wie für ihre ganz persönlichen.

In ihrem Beitrag nimmt Alexandra Müller das Kinderspiel “Ich sehe was, was du nicht siehst” beim Wort und hinterfragt unsere alltäglichste Erfahrung der Geschlechtsdifferenz: dem Gang zur Toilette. Was verbirgt sich eigentlich hinter den Türen zu jenen stillen Örtchen, die für das andere Geschlecht reserviert und damit dem eigenen vorenthalten sind? Indem sie ihre Serie von Arbeiten auf Papier, hervorgegangen aus eigenen typografischen Experiment mit Acrylfarben und Klebeband, in den verschiedenen Akademie-WCs installiert und dokumentiert, überbrückt Alexandra diese Differenzen und macht sichtbar, was uns im Sinne gängiger Normen eigentlich verborgen bleiben müsste.

Klara Zdrazilova beschäftigt sich mit der Natur und ihrer Schönheit, welche sich nur einfangen und erleben lässt, wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Der erste Schneefall des Jahres, der Nebel am Morgen oder die Lichtdurchflutete Lichtung im Wald: Dies alles sind Momente, in denen wir wertschätzen was wir nicht beeinflussen können, was uns nicht ständig verfügbar ist. Im Laufe des Semesters fing Klara Landschaften in ganz unterschiedlichen Atmosphären ein und erschuf fotografische Momentaufnahmen dieser besonderen Stimmungen.