Guidelines

Anna Romanenko, Björn Kühn, Oliver Kraft

Veranstaltungsreihe

learning for life

Studienrichtung

Bachelor

Ort & Zeit

Mo, 05. Nov 2018, 11:00–16:30 Uhr –
Fr, 09. Nov 2018, 10:00–18:00 Uhr

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Motiv: Florian Model

Sind Guidelines der direkte Ausdruck normativer Ordnungen? Bilden sie ein Netz, dass uns auffängt, wenn wir nicht mehr weiterwissen? Ist „Learning for Life“ der Vorgang, Richtlinien zu internalisieren, um im Leben besser zurechtzukommen, zu funktionieren? Und: was ist funktionieren überhaupt? Der Workshop dreht sich um das Erkennen, Erstellen und Umbauen von Leitsystemen, Vorschriften, Richtlinen, Handreichungen, Verboten, Anleitungen, Umleitungen, Hilfestellungen, Fluchtwegen und Massenbewegungen mit graphischen, dramaturgischen sowie objekthaften Mitteln.

Ein Beispiel: „Guns don‘t kill people, people kill people with guns“. In dieser Parole der Waffenlobby NRA treffen mehrere Guidelines aufeinander. Die erste implizite, alttestamentarische Richtlinie, die dem Slogan eingeschrieben ist, heißt „Du sollt nicht töten“: ein moralisches Gesetz. Die Zweite ist eine, die dem Gegenstand selbst eingeschrieben ist: seine Benutzung. Die Waffe weist eine der menschlichen Hand angepasste Form auf, die die Tätigkeit des Schießens vorschlägt: Objekt und Mensch bilden einen spezifischen ergonomischen Verbund, ein Gesetz des Werkzeugs. Und wenn es so ist, dass die Fotografie und der Film eine Ahnenreihe mit Schussgeräten teilen, wieso hat ein Schussgerät keine entsprechende Interpretationsspannbreite? Ein Bild folgt also einem viel weiteren Gesetz und hat nichtsdestotrotz einen impliziten Gebrauchsvorschlag. Welche Rolle spielen hier die Mechanik, die Materialität oder Technik? Müssen wir dem Bild einen anderen ontologischen Status zuweisen als anderen Werkzeugen? Und wenn ja, verabschieden wir uns mit der Wirksamkeit nicht gleichzeitig von der Wirklichkeit?

Dies ist nur ein Beispiel für die Gemengelage, derer wir uns im Workshop „Guidelines“ annehmen werden. Anhand spezifischer Beispiele aus der Welt der Dinge, egal welcher Schöpfungshöhe, und deren Organisation, werden wir uns den Themen der Handhabung, der impliziten und expliziten Richtlinien, der Anleitung widmen. Ziel wird es sein ein Verständnis der prozessualen und konkreten Wirksamkeiten, die unsere gemeinsame Wirklichkeit bilden, zu gewinnen.

Der Verlag für Handbücher wurde 2014 von den Künstlern Anna Romanenko, Björn Kühn und Oliver Kraft in Stuttgart gegründet mit dem Ziel Mechanismen von Veränderbarkeit zu untersuchen. Der Verlag stellt ein Labor des Funktionierens dar, der Analyse seines Versprechens und der Strategien seiner Darlegung. Wir arbeiten mit Büchern und Aufführungen, oder vielmehr mit Handbüchern und Ausführungen. Beides entsteht gleichzeitig. Das Handbuch ist Protokoll und Erinnerung, Entwurf und Analyse der Performance. Es nimmt die Aufführung heraus aus dem Theater und rein in den Körper eines jeden Benutzers. Der Benutzer ist ein Akteur, zuweilen auch Autor des Buches.

Die Veranstaltungen des Verlages sind polymorph. Zentral sind Elemente wie Übung, Synchronizität und Unmöglichkeit. Wir arbeiten in sehr langen Entwicklungsprozessen, bauen Werkzeuge, üben körperliche und gedankliche Mechanismen ein. Während der Entstehungszeit öffnen wir immer wieder unsere Prozesse in Werkstattaufführungen.

Wir arbeiten grundsätzlich parallel an mehreren Projekten, die wir anschließend verweben. Präsentationen fanden u. A. an der Akademie Schloss Solitude, dem Württembergischen Kunstverein, an den Waggons, dem NRW Forum Düsseldorf, am Hangar Barcelona, dem Sober and Lonely Institute for Contemporary Art in Johannesburg und dem ALTOFest in Neapel statt.