Die vergessene Ouvertüre – Sechs Kulturstudien

2004

Fachbereich Theorie

Autor

Jürgen Riethmüller

Art

Publikation

Studienrichtung

Fachbereich Theorie

„Cultural Studies“ haben in Deutschland keine besondere Tradition. Die im England der fünfziger Jahre entstandene „Anti-Disziplin“ verarbeitet nicht-wissenschaftliche Schreibweisen sowie Erkenntnisse etablierter akademischer Fächer wie Literaturwissenschaft, Soziologie, Philosophie, Ethnologie, Psychoanalyse, und Kunstgeschichte. Die Sympathie gegenüber (Musik-) Journalismus und Reportage ist auffällig. Im deutschsprachigen Raum wurden Cultural Studies lange zerrieben zwischen einem spezifisch deutschen Verständnis von „Kultur“ einerseits (als Gegenbegriff konzipiert zur westlichen „Zivilisation“), das insbesondere auf das beginnende 19. Jahrhundert zurückging, sowie andererseits einer Massen- und/oder Populärkulturforschung, häufig Frankfurter-Schule-geprägt.

An der Merz Akademie, einer 1918 gegründeten Hochschule für Gestaltung, hat der offene, Cultural-Studies induzierte Blick auf Kultur und Theorie schon seit Jahren seinen festen Platz im Rahmen der Qualifizierung der Absolventen zu einer Autorschaft im Feld der Kommunikationsmedien: Dabei ging die Hochschule neue Wege bei der Integration von Theorie und entsprechenden Theoretikern wie Diedrich Diederichsen oder Helmut Draxler in das gestalterische Studium.

Der vorliegende Band bildet den Auftakt einer Reflexiv-Reihe mit jeweiligem thematischen Schwerpunkt. Die überwiegend von Studierenden der Merz Akademie verfassten Aufsätze dokumentieren gerade in ihrer thematischen Vielfalt die Leistungsfähigkeit des Ansatzes und können als Plädoyer für die weitere Etablierung einer Cultural-Studies-Tradition hierzulande gelesen werden.

Zu den einzelnen Beiträgen:

Clubs sind aus der heutigen urbanen Kultur nicht mehr wegzudenken. Doch wo liegen ihre Ursprünge und was hat sich verändert? Dies wird hier genauso untersucht wie die ungebrochene Relevanz der vielen heute so eigenartig passé erscheinenden Gender-Debatten, insbesondere in ihrer doch bemerkenswerten medialen Spiegelung in diversen Print-Formaten. Weitere Themen sind die von der Kunstgeschichte bisher sehr vernachlässigte Psychedelische Kunst, „Architektur im Weltraum“ samt Interview mit dem Science-Fiction-Experten Dietmar Dath sowie das Thema die „Titelsequenz“ – nicht nur im Hollywood-Film – insbesondere unter gestalterisch-typografischem Augenmerk. Den Abschluss des Bandes bildet der Versuch, die Luhmann’sche Theorie autopoetischer Systeme mit Marcuse kritisch zu lesen und so einer künstlerischen Praxis nutzbar zu machen.