Welches Außen des Denkens?

Michaela Ott

Art der Veranstaltung

Vortrag

Studienrichtung

Fachbereich Theorie

Ort & Zeit

Mi, 26. Jun 2019, 13:00–14:30 Uhr

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Gestaltung: Katja-Lisette Seger

Französische Theorien in (post)kolonialer Kritik

›Das Denken des Außen‹ – das ist ein Anspruch, eine Kurzformel, eine philosophische und politische Selbstverpflichtung, die die französische Theorie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts prägte. Mit diesem Appell zur Beachtung und zur Auslieferung an das ›Andere‹ wollte sich die französische Philosophie selbst herausfordern und an die Grenzen des Denkbaren und Sagbaren treiben. Es ging um ein Verhältnis zwischen Selbst und Anderen, das nicht mehr durch Aneignung und Verschlingung bestimmt ist, ein Verhältnis, in dem das Selbst nicht mehr über den Umweg des Anderen seine Identität sichert, sondern seine Identität verliert und sich selbst auf Nichtidentität und Nichterkennbarkeit öffnet.

So wagemutig und unhintergehbar diese Ansätze bis heute sind, so haben sie doch Entscheidendes übersehen: die anderskulturellen Menschen, die in Frankreich leben und lebten, die Migrant/innen und Einwander/innen sowie ihre Erfahrungen mit einer rassistisch aufgezwungenen Nichtidentität und Nichterkennbarkeit. Von daher fragt Michaela Ott nach der methodischen Farbenblindheit und -Taubheit des philosophischen Denkens, nach Stimmen, die zu hören gewesen wären und zumindest heute wahrzunehmen sind. Sie unternimmt einen historischen Durchgang durch die französische Theoriebildung von 1944 bis in die Gegenwart. Sie diskutiert ihre methodischen Umbrüche und die schwer nachvollziehbare Ausblendung migrantischer und postkolonialer Positionen trotz der Zentralstellung des Anderen im französischen Diskurs. Sie fragt damit auch nach Arten des ›Übersehens‹ in der zeitgenössischen Theorie und nach notwendigen Wiedereinführungen leichtfertig verabschiedeter Termini.

Konferenz: Zur Ursprünglichen Akkumulation des Ästhetischen